Wieviel Agilität verträgt ein QM-System?
Mehr, als Sie vielleicht denken!
Leitlinien
QM-konforme agile Praktiken brauchen Regeln:
Dabei können die Regelungen durchaus allgemein getroffen werden. So könnte z.B. festgelegt werden, wer ein agiles Team aufsetzen darf und aus welchen Abteilungen cross-funktionale Teams besetzt werden müssen. Der Detaillierungsgrad der Regelungen kann gemäß ISO 9001 in Abhängigkeit vom konkreten Fall und den individuellen Rahmenbedingungen festgelegt werden. Sofern sie Rahmenbedingungen setzen sind Regelungen für die Agilität nicht schädlich. Gerade die beliebtesten agilen Methoden wie z.B. Scrum sind extrem regelgebunden.
Auch agile Prozesse müssen gesteuert und überwacht werden
Die klassischen Steuerungsmechanismen von Prozessen gelten auch für agile Prozesse. Eine entsprechende Steuerung über Anforderungen bzw. Vorgaben verschiedener Interessensgruppen, festgelegte Regeln, die Koordination der Aktivitäten, die Durchführung von Reviews zur Sicherstellung der Zielerreichung und die Bereitstellung geeigneter Ressourcen ist für agile Prozesse nutzbar und sinnvoll. Damit ist es grundsätzlich möglich, gemäß ISO 9001:2015, 8.1 den Betrieb, d.h. die Kernprozesse, auch agil zu planen und zu
steuern. Wer hier tiefer einsteigen möchte kann die Masterarbeit von T. Japing unter https://doi.org/10.25968/opus-1269 kostenlos herunterladen.
Die Abstimmung von Vorgehensweisen und Rollen im Team ist unverzichtbar
Agile Teams sind keine Künstler. Damit das Team arbeitsfähig wird und bleibt ist ein hohes Maß an Information, Kommunikation und Koordination in agilen Teams notwendig. Die gewählten Vorgehensweisen und der aktuelle Stand sollte allen Teammitgliedern transparent sein. Dabei ist der gewährte Freiraum für die eigenständige Auswahl der anzuwendenden
agilen Praktiken den im Team vorhandenen Kompetenzen anzupassen.
Selbststeuernde Teams sind für die ISO 9001:2015 kein Problem
ISO 9001 gibt für die Gestaltung der Verantwortlichkeiten keine Vorgaben. So kann jeder Aspekt der Steuerung und Überwachung grundsätzlich von jeder Funktion oder Hierarchiestufe ausgeführt werden – entscheidend ist die Passung der individuellen Lösung, z.B. hinsichtlich der betroffenen Aktivitäten, des Prozessziels, der Branche, der Unternehmensstruktur und des Risikoprofils.
Wo Dokumentation notwendig ist kann sie kreativ gestaltet werden
Regulatoren, Kunden und die ISO 9001 fordern die Dokumentation bestimmter Informationen. Jedoch besteht für die Ausgestaltung der Dokumentation z.,B. hinsichtlich Detaillierungsgrad und verwendetem Medium ein großer Spielraum. Guidelines dürfen durchaus zu Beginn grob festgelegt und im Verlauf der iterativen Zyklen verfeinert werden.
Wesentliche Ergebnisse können durch Kanban-Boards, online durch Trello oder Handy-Photos von dem Abstimmungstext und allen Beteiligten mit „Daumen hoch“- Zeichen festgehalten werden. Von der detaillierten Modellierung agiler Prozesse oder Teilprozesse ist abzuraten. Eine allgemeine Modellierung auf oberster Ebene enthebt üblicherweise von der Notwendigkeit, eine solche vorzunehmen. Jedoch könnte es auch für den organisatorischen Überblick sinnvoll sein, die Verwendung agiler Praktiken durch Flaggen o.ä. Hinweise zu verdeutlichen.